So, Tag 7 von Woche 4 ist um. Somit habe ich vier Tage in vier Wochen pausiert. Dieses Mal ist es mir einfacher gefallen. Ich bin im Zeitplan, bzw. schneller als ursprünglich kalkuliert und habe nur noch 52km bis nach Madrid. Trotzdem ist da immer noch ein kleines Unbehagen, wenn ich raste. Das Gefühl habe ich zu Hause oder im Urlaub nicht, außer wenn ich mich zu wenig bewege. Aber erstmal von vorne.
Der Vorteil in einer größeren Stadt, sind größere Hotels und damit gutes Frühstück. Wobei ich auch schon in sehr kleinen Unterkünften anständig frühstücken konnte. In Spanien aber bisher nur einmal, daher ist es mir heute aufgefallen. Danach war Waschtag und ich habe fast alles gewaschen. Das Hotelzimmer glich danach einer kleinen Dampfsauna und ich war richtig geschwitzt. Apropos, Socken sind hartnäckige Gegner, die brauchen mal ne Waschmaschine oder einen Mülleimer.
Mit einem gutem Gefühl, da ich was sinnvolles getan hatte, bin ich losmarschiert. Knapp zwei Kilometer zu Fuß und ich war in der Innenstadt. Der Weg dorthin war weniger schön, aber nicht schlimm. Morgens um kurz nach 10 Uhr war es auch schon recht warm und die Erinnerung für mich, dass die Spanier immer noch Siesta haben. Das war mir in den kleinen Dörfern davor schon aufgefallen. Wenn ich zwischen drei und fünf Uhr irgendwo ankam, war fast alles zu. Die Innenstadt ist recht nett, aber nicht außergewöhnlich oder spektakulär. Ich habe einen Espresso auf dem Calle Mayor genommen und etwas die Leute beobachtet und gelesen. Danach bin ca. 3h alles abgelaufen was an Sehenswürdigkeiten, die in der Karte, die ich vom Hotel bekommen habe, aufgeführt war. Am besten hat mit die Front vom Museum gefallen. Die ist im Hintergrund der großen Statue zu sehen. Ebenso haben die hier, neben den obligatorischen Kirchen, einen großen Park und und einen großen Palacio. Ein Blickfang gab es noch und zwar das Pantheon of the Condesa de La Vega del Pozo. Gibt wohl eine berührende Geschichte darüber, aber Führungen gibt es nur in Spanisch. Ich glaube in meinem zweiten Leben muss ich nochmal spanisch lernen.
Ab zwei Uhr wurde es mir zu warm, um in der Stadt rumzulaufen. Ich habe mich auch für Siesta entschieden. War aber mehr lesen und Vuelta schauen und telefonieren, statt zu schlafen. 17000 Schritte sind bisher zusammen gekommen. Not bad.
Morgen früh geht es nach Madrid. Ich war noch nie dort und habe viel positives gehört. Ich bin also echt gespannt und habe eine Erwartungshaltung.
Dann geht meine 1. Etappe zu Ende. Ich denke, die Pause tut mir gut. Aber ich bin noch nicht fertig, dass spüre ich. Danach folgen nochmal 6 Wochen und die muss ich auch noch bewältigen. Den Grundstock dafür habe ich gelegt, ich bin relativ aufgeräumt. So fühlt es sich zumindest an. Da will ich drauf aufbauen. Zu weit will ich aber nicht nach vorne denken und was vorwegnehmen, damit bin ich bisher gut gefahren. Die nächste Zeit werde ich eher viel reflektieren und meine Blogeinträge nochmal lesen. Aber noch bin ich unterwegs und ein Resümee, sofern ich eines habe, werde ich versuchen zu teilen, wenn es soweit ist.
Heute mit guter Stimmung und mit der erneuten Erkenntnis: Pausen sind gut und wichtig und einmal die Woche ist ein guter Rhythmus dafür.
So, Tag 6 von Woche 4 ist um. 61km Strecke habe ich in 3h bewältigt. Das war damit der schnellste Schnitt bisher und die kürzeste Fahrzeit auf meiner kompletten Tour. Es ging zwar nochmal über ein paar Hügel mit ca. 320HM, aber es ging auch 780HM bergab. Ich bin jetzt 'nur' auf 620m über dem Meeresspiegel, was auch gleichbedeutend mit einem Klimawechsel ist. Es ist deutlich wärmer, es hat keinen kalten Wind mehr und es ist wesentlich trockener. Und ich bin nur noch knapp 60km von Madrid entfernt, das Ziel meiner ersten Etappe.
Das Bild des Tages ist natürlich der Ausblick in die Weite, ohne weitere Bergketten am Horizont. Ich habe mehrfach gehalten, um noch mal die letzen Momente in dieser Gegend zu genießen. Und dieses Mal habe ich auch ein See entdeckt, der ist auf 1000m. Ebenso habe ich den letzten Berg fotografiert. Ein kleiner, aber wenn ich mehr rangezoomt hätte, hätte man meinen können, ich bin in Nevada unterwegs. Umso näher ich Guadalajaras kam und so mehr hat sich auch die Vegetation wieder geändert. Mehr Bäume, mehr grün, aber auch mehr Zivilisation und Verkehr. Es gibt nicht mehr soviel zu sehen und ich hätte auch sonst wo fahren können. Mit Wehmut muss ich feststellen, dass ich Nordspanien und die Iberischen Berge, also den östlichen Teil von Castilla de Leon und auch den nördlichen Teil von Castilla La Mancha vermisse. Das war meine schönste Woche und auch wenn es anstrengend war, war es eine tolle Erfahrung. Die Gegend ist schlicht und karg, aber auf ihre eigene Art schön. Die Weite der aufeinanderfolgenden Hochplateaus mit einmaligem Aussichten und auch die Ruhe der Gegend, haben mir es angetan. Wer entschleunigen will und eine schöne einzigartige Radtour plant, wäre hier gut aufgehoben.
Heute bin ich selbst weniger gut drauf. Ich denke, es ist eine Mischung aus der körperlichen Belastung der letzten Wochen und ein mentales Down. Mir war klar, dass beides kommen würde. Zum einen habe ich meine körperlichen Belastungen schon weit über meine meine Norm gehoben. Da braucht es auch mal Ruhe und Erholung. Zum anderen bin ich fast 4 Wochen alleine. Als ich den Radler gestern traf, habe ich es ja gemerkt. Ich habe ein Defizit an direkten sozialen Kontakten. Also von Angesicht zu Angesicht.
Deswegen bleibt mein Blog heute auch kurz und ohne banale Weisheiten. Ich bin froh, dass ich morgen Ruhetag habe und dann noch Madrid etwas genießen kann. Aber noch mehr freue ich mich auf 'nach Hause' kommen am Sonntag.
Jetzt gehe ich noch etwas durch die Mall und schaue was die Spanier so einkaufen und morgen sehe ich mir Guadalajaras an und mache Wäsche.
So, Tag 5 von Woche 4 ist um. 68km Strecke habe ich absolviert und bin 707m hoch und 580m runter gefahren.
Jetzt bin ich gerade in Hiendelaecina, ein Dorf mit 50 Einwohner im Winter und 200 Einwohner im Sommer. Die Angabe stammt von der Bed&Breakfast Betreiberin. Wikipedia sagt hier wohnen 141 Menschen. Wo es einen überall hin verschlägt, unglaublich. Ohne Internet und Booking.com wäre ich hier nur mit einem Spezial-Reiseführer für Castilla-La Mancha gelandet. Sonst kommt ja keiner auf die Idee, in so einem Miniort nach einer Unterkunft zu suchen.
Ich bin immer noch auf knapp 1100m über dem Meeresspiegel. Aber das iberische Gebirge ist fast zu Ende und dann geht es knapp 500m 'tiefer' weiter bis Madrid. Prinzipiell blieb die Gegend wieder gleich, wobei ich den Eindruck hatte, es wurde noch trockener und noch weiter. Lag vielleicht aber auch an der Sonne heute, die immer schien, auch wenn regelmäßig Wolken immer wieder Schatten warfen. Was auch gut war, ohne Sonne und mit dem kalten Wind, ist es unangenehm. Mit dem hellen Licht sieht man irgendwie besser und klarer. Und ich wiederhole mich hier, aber trotzdem es hier eher karg ist, finde ich die Gegend fast schon atemberaubend. Ich habe ein paar Fotos hochgeladen, mit der Hoffnung die Stimmung der Landschaft zu transportieren. Ich finde es wunderbar durch so eine Landschaft zu fahren.
Auf jeden Fall haben mich die letzen Tage in dieser Gegend wieder mehr in den 'eat bike sleep repeat' Modus gebracht. Irgendwie ein schöner Rhythmus, wobei das hoch und runter und auch der ständig wehende kalte Wind, der heute wieder aus allen Richtungen kam, mir etwas an die Substanz gehen. Erholung ist das nicht für meine Erkältung. Heute waren die letzten 9km stellvertretend. Es ging ungefähr 3km bergauf, 160HM am Stück und dann 6km bergab. Erst richtig schwitzen und dann richtig frieren. Da hilft es auch nicht, dass die Sonne hier eine brutale Kraft hat.
Wie auch immer, das nehme ich gerne in Kauf und würde die Strecke auch anderen Radtourern empfehlen. Apropos andere Radfahrer.
Ich hatte seit Tagen keinen gesehen, kann mich gar nicht erinnern, wann ich den letzten gesehen hatte. Ich glaube in San Sebastian. Wie auch immer, heute kam mir einer entgegen. Da hier ja auf den Straßen nichts los ist, fällt das ja sofort auf. Von weitem hab ich ihn schon gesehen und auch, dass sein Rad noch mehr beladen war, als meines. Er hat mich natürlich auch gesehen und ist sofort auf mich zu gefahren und hat angehalten. Wir kamen direkt ins Gespräch. Zwei Gleichgesinnte, die seit Wochen alleine unterwegs sind. Nachdem wir, wo kommst Du her und wo fährst du hin, ausgetauscht hatten, haben wir unsere Räder begutachtet und uns über Details ausgetauscht. Asier ist Baske und kommt aus Bilbao. Er ist eher ein Radreiseveteran und ist auch u.a. schon durch Deutschland geradelt. Er hat einen 4 Wochentest fast hinter sich, da er sein neues Rad und sein Equipment für eine Weltreise testet. Mein Lenker und auch mein Wahoo Element, haben ihm sehr gefallen. Ebenso war er von meinem Rad fasziniert, so eines hätte er noch nie gesehen. Er fährt auch ein deutsches Fabrikat, ein 26 Zoller von der vsf Radmanufaktur. Einer der Klassiker unter den Reiserädern. Und ja, ich schreibe noch über meine Rad, morgen oder über morgen Und warum es speziell ist, wie ich heute wieder gemerkt habe.
Wir haben uns weiter angeregt unterhalten und irgendwie war zu spüren, dass wir beide, nach vielen Wochen alleine, eine interessante Unterhaltung wohl vermisst haben. Trotzdem fuhren wir irgendwann weiter, wir waren ja im Nirgendwo, ohne Chance auf einen gemeinsamen Kaffee, oder ähnliches. Asier hat mit sozialen Medien nichts am Hut, aber er hat mir seine E-Mail Adresse gegeben. Ich werde ihm auf jeden Fall mal schreiben.
Nachdem jeder wieder seines Weges zog, hatte ich seine Weltreise im Kopf. Puh, da braucht es erstmal mehr Zeit als 3 oder 6 Monate. Und da er solche Reisen öfter unternimmt, ist es grundsätzlich auch eine Frage was er sonst so tut. Hat er Familie? Ich denke, nein. Er hat mich gefragt, ob ich Familie habe. Dann stellt sich die Frage, was macht er beruflich? Das ist ja auch eine Zeit und Geldfrage. Für eine Weltreise sind mindestens 18 Monate oder eher 24 Monate zu veranschlagen und Kleingeld kostet die auch. Ich habe mir die Frage gestellt, ob das was für mich wäre, da dagegen mein Trip wie ein Wochenendausflug anmutet. Die Antwort war schon parat, bevor ich die Frage zu Ende gedacht hatte. Ich werde keine Weltreise mit dem Rad auf meine Bucket Liste setzen. Ich habe nach dem gegenwärtigen Abenteuer noch gar keine Antwort, ob ich sowas nochmal machen würde.
Jetzt wäre es interessant zu verstehen, warum einer mit dem Rad um die Welt reisen will. Die Thematik mit den unterschiedlichen Antrieben eines jeden, hatte ich ja schon des öfteren im Blog. Ich werde ihn per Mail fragen. Letztlich glaube ich, dass die Antriebe der Menschen hochindividuell sind. Die Wissenschaft wird, auch wenn sie es versucht, die kaum für jeden Menschen genau benennen können. Ggf kann man sie gruppieren. Aber dann sind sie wieder so allgemein, dass sie nichts aussagen. Und dem Individuum, wohl nicht gerecht werden. Ich denke jeder Mensch hat einen eigenen höchst individuellen Antrieb. Der entsteht m.E. über die Zeit. Zum einen durch die eigene persönlichkeitsimmanente Struktur eines Charakters und zweiten durch prägende Erfahrungsmuster, gute und schlechte. Daher hat der Eine einen Antrieb was eigens zu leisten und wird Unternehmer, der Andere wird normaler Arbeiter oder Angestellte, wiederum andere werden Künstler, Sportler und so weiter. Manche wollen auf den Mount Everest, andere mit dem Rad um die Welt. Die Vielfältigkeit ist unendlich und selbst wenn viele das gleiche tun, heißt das nicht, dass sie den gleichen Antrieb haben.
Daher finde ich es immer witzig, dass große Unternehmen so einfache und immer gleiche Anreizsysteme haben. Man denkt auch, mit Geld kann vieles gelöst werden und bringt die Leute zum Rennen. Tja, dass ist längt wissenschaftlich bewiesen, dass solche Anreizsysteme eher das Gegenteil bewirken. Und ich habe das oft persönlich gespürt und auch die Auswirkungen bei meinem Team gesehen. Immer wieder faszinierend, wie Systeme in großen Unternehmen funktionieren. Unaufhaltsam produzieren diese Systeme, oft gegen gesunden Menschenverstand und wissenschaftliche Erkenntnisse, eine Anomalie nach der anderen. Sachen gibts. Was ist die Binsenweisheit des Tages. Es braucht keine Weltreise mit dem Rad, um den gesunden Menschenverstand zu benutzen. Jeder Mensch ist anders, also behandele ihn auch so. Und es geht kein Weg daran vorbei sich selbst gut zu kennen, damit man seine Antriebe versteht.
So und morgen geht es weiter. Fahre nach Guadalajara und mache einen Tag Pause. Hoffe die Erkältung hat dann etwas Zeit, sich zu verabschieden. Ebenso werde ich nochmal schauen, wo und wie ich mein Rad am Madrider Flughafen für 2 Wochen lagern kann, es naht nämlich das Ende meiner 1. Etappe. Ideen sind immer willkommen.
So, Tag 4 von Woche 4 ist um.
Ein Camino war heute kein normaler Weg und es kam anders als geplant. Eigentlich ist ja einer meiner Lieblingssprüche: "if you fail to plan you plan to fail". Also, wenn du scheiterst zu planen, dann planst du zu scheitern. Geplant hatte ich, aber ein Plan hält nur bis zum ersten Problem. Heute war aufgrund meiner kleinen Erkältung, eine 'leichte' Tour geplant. 65km mit 340HM und es sollte mehr bergab wie bergauf gehen.
Es ging gut los, es war bewölkt aber nicht kalt und es ging kein Wind. Und am Sonntagmorgen gehörte die Straße mir, keiner unterwegs. Der erste kleine Anstieg ging ok und ich dachte gut, das wird heute locker. Mir gingen auch meine Gedanken von gestern durch den Kopf und mir wurde nochmal klar, warum alleine in einsamen kargen Gegenden unterwegs zu sein, einen guten Effekt hat. Man ist mit sich alleine und wird einfach nicht groß abgelenkt. Eine weite einfache Umgebung öffnet einen quasi und animiert dazu, sich gedanklich loszulassen.
In meine Gedanken hinein piept mein Elemnt und meint ich hätte abbiegen sollen. Ich konnte es gar nicht glauben, eine schöne Straße vor mir und gerade ging es leicht bergab. Ebenso habe ich gar keine andere Straße gesehen. Nach genauem Vergleich der geplanten Route und der Route, der ich ich gerade folgte, war klar, ich fahre zu weit nach Westen. Also fuhr ich zurück und habe den kleinen Feldweg, den ich dann erkannte, gezwungenermaßen genommen. Auf Experimente hatte ich keine Lust, da kommen ruckzuck 500 ungeplante HM zusammen. Leider mutierte der Feldweg zur Schotterpiste. Und die Schotter wurden immer größer und die Furchen auf dem Weg leider auch. Und genau hier sollte der steilste Anstieg des Tages sein und über den höchsten Punkt des Tages führen. Relativ schnell habe ich die Entscheidung getroffen zu schieben. 1km habe ich mein Rad berghoch geschoben und teilweise auch bergab. Teilweise bin ich mit einem Fuß im Pedal und einem auf dem Boden bergab gerollt. Ein Sturz wäre nicht gut, ging mir durch den Kopf, ein platter Reifen wäre doof und ein aufgeschlitzter Reifen fatal. Außerdem ist hier ja keine Schwein. Mitten im nirgendwo und morgens, kam mir in den Sinn, hatte mich keine einziges Auto überholt.
Nach 3km war der Schotterweg zu Ende, dann kamen noch 2km Feldweg und juhu, ich war wieder auf einer Straße. Und erleichtert. Unfallfrei war der Schotterhaufen gemeistert. Das hatte mich aber mehr Energie als geplant gekostet.
Es folgte eine weitere Hochebene, die ich auf kleinen Straßen durchfahren konnte. Ich bin weiter auf ca. 1000m Höhe geblieben und die Gegend war noch einsamer, grauer und hellbrauner, als am Tag zuvor. Hier kamen aber als Farbtupfer Sonnenblumenfelder dazu. Auch wenn es einsam und karg anmutet, hat die Landschaft ihren Reiz. Sie strahlt eine einfache Schönheit aus und egal wohin man schaut, man sieht wieder Bergketten. Die Einsamkeit und Schlichtheit erzeugt auch Ruhe. Und ich habe mich mal wieder wohlgefühlt. Irgendwie hatte ich es mir so vorgestellt, wenn ich diesen Abschnitt vor meiner Reise visualisiert hatte. Doch dann kam es wieder anders.
Nach einem weiteren Hügel und einem Plateau bin ich wieder auf einer großen Bundesstraße gelandet. Die haben in Spanien alle ein N und eine Nummer. Ich dachte ok, auf gutem Asphalt weiter rollen ist auch gut. Dann habe ich auf mein Elemnt geschaut und da stand: "nächster Hinweis 27km". Puh, das war ein Novum. Kein Kreisel, kein Abzweig oder ähnliches auf den nächsten 27km! Das wird einfach.
Aber ich fuhr gegen den Wind. Anfangs noch mehr von der Seite, aber die Straße hat die Richtung gegen meinen Wunsch leicht geändert. Jetzt war es starker Gegenwind. Anfangs hatte ich noch Hoffnung, dass sich der nach dem nächsten Hügel legt. Ich mach es kurz. Das ist nicht passiert und ich bin fast zwei Stunden gegen den Wind gefahren. Wenn es bergab ging, musste ich Druck auf dem Pedal halten, dass es vorwärts ging. Und das Rauschen des Windes habe ich jetzt noch in den Ohren. Wenn Autos an mir vorbei gefahren sind, habe ich die erst gehört, wenn sie vorbei waren. Es war wie ein mentaler Test. Schlimmer aber war, dass die geplante leichte Fahrt, eine anstrengende wurde. Wie gesagt, ein Plan hält nur bis zum ersten Problem.
Der Abschnitt hat mir wieder vor Augen geführt, was passiert, wenn man den Körper unter Stress setzt. Auch wenn es nur Gegenwind ist und nur weniger Geschwindigkeit bei etwas mehr Kraftaufwand die Konsequenz ist. Der Körper ist unbewusst für einen selbst im Stresszustand. Dann erzeugt er unter anderem Cortisol. Cortisol hat wie Adrenalin einen erheblichen Einfluss auf die Körperfunktionen. Der Körper fokussiert, sich auf die Stressbewältigung und anderen Funktionen werden reduziert. Der Verdauungstrakt wird abgestellt, die Heilungsfunktionen reduziert. Hunger- und Durstgefühle werden abgeknipst und die Schmerzempfindung erheblich reduziert.
Das habe ich deutlich gespürt, ich bin heute 5:15h unterwegs gewesen. Habe 2 Bananen, eine Apfel sowie 2 Kekse gegessen und nur 1,9l getrunken. Normalerweise esse ich nach 3-4 Stunden wesentlich mehr, dass ich in keinen Hungerast fahre. Ebenso habe ich die letzten 2h wesentlich weniger von meiner Umgebung wahrgenommen. Ich habe keine Gedanken mehr aus dem Unterbewusstsein bekommen. Ich war nur damit beschäftigt einen Kilometer nach dem anderen zurückzulegen. Ich war rein aufs Fahren konzentriert. Richtig schalten, feste Griffe am Lenker, nicht zu oft auf den Tacho schauen, etc.
Genau diese Vorgänge passieren in jedem Körper, wenn man Stress hat. Man merkt es kaum, aber es passiert. Insbesondere im beruflichen Umfeld. Daher ist es wichtig, genau auf sich zu achten und den Stress nicht zum Dauerzustand werden zu lassen. Damit wird man auch nicht am Wochenende oder im Urlaub krank. Man ist wesentlich kreativer, produktiver und strahlt das auch aus. Aber am wichtigsten ist dabei, man bleibt langfristig gesund. Die Stressreaktionen sind eine gute Erfindung der Evolution. Aber sie sind für Ausnahmesituation gedacht und kein tägliches natürliches Dopingmittel zur Leistungserbringung im Job. Damit ist auch die Binsenweisheit des Tages untergebracht.
Morgen geht es weiter. Unterkunft muss ich noch buchen.
So, Tag 3 von Woche 4 ist um. Ein Camino ist wieder ein normaler Weg.
Nachdem Navarro und auch Rioja, wahrscheinlich die bekanntesten Gebiete in der Gegend, schnell abgeradelt waren, bin ich jetzt mitten in Nordspanien angekommen. Es ist wie in meiner Vorstellung. Etwas mehr als nichts. Das soll nicht despektierlich oder abwertend klingen, es umschreibt die Gegend, die auch ihre Reize hat. Aber das iberische Gebirge hat halt nicht das saftige Grün und die Runden Hügel der Pyrenäen. Hier ist es trockener und das Grün ist heller und die Wiesen und Felder sehen ausgedörrt aus. Einzelne Bergketten unterbrechen die Hochplateaus und es ist noch weniger besiedelt als der Osten von Frankreich. Wenn die Sonne da ist, ist sie brutal stark, aber der kalte Wind hält die Temperatur niedrig. Für die Wahl der Kleidung schwer, umso mehr wenn der Wind von der Seite oder von vorne kommt.
In dieser Umgebung bin ich heute fast ausschließlich geradeaus auf dem Seitensteifen einer Nationalstraße gefahren. Und zwar stetig bergauf. 54km mit 791HM; der Nettogewinn an Höhe betrug heute 750m. Damit bin ich über 1000m hoch und das Klima ist dementsprechend noch extremer. Nicht gut für meine kleine Erkältung. Ansonsten wäre es sehr schön, die Luft hier ist herrlich klar.
Ich habe ein paar Bilder dazu gepackt, die die Gegend etwas reflektieren. Mit dem Finger zeige ich jeweils dahin, wo ich noch rüber muss und die Straße zeigt, wo ich herkommen bin. Das langsame und stetige bergauf und geradeaus fahren, mit ungefähr 10 angezeigten 'Navigationsansagen' für die gesamte Strecke, lässt viel Freiraum zum denken bzw. nachdenken.
Aber meine erste Feststellung heute war, dass ich gar nicht soviel zum Nachdenken habe. Scheinbar bin ich mental relativ entspannt und locker und es ist kein Problem präsent, das mir immer wieder in den Kopf schießt. Das ist mir nebenbei bemerkt, auch schon beim Schlafen aufgefallen. Ich schlafe trotz täglich neuer Umgebung relativ gut. Das werte ich mal als sehr gutes Zeichen und dafür hat sich schon die Reise gelohnt. Erstmal den Kopf leer bekommen, bevor er wieder gefüllt werden soll.
Also habe ich über das Nachdenken nachgedacht. Nochmal langsam, damit es sich nicht so kompliziert anhört. Ich habe darüber nachgedacht was Nachdenken bedeutet. Wann denkt man eigentlich bewusst nach? Ich fang mal umgekehrt an. An so einem Tag wie heute, an dem eine eher einfache Tätigkeit im Vordergrund steht, nämlich ungefähr 80 mal in der Minute mit den Beinen die Kurbel am Drehen halten, dass sich das Rad vorwärts bewegt, braucht es keine Kapazität im Hirn und es gibt keinen von außen oktroyierten Fokus. Dann schießen die Gedanken in den Kopf. Willkürlich, einer nach dem anderen. Hab ich alles eingepackt heute morgen; geht das heute wirklich nur auf der Landstraße geradeaus; schön, dass die dauernd anzeigen, dass es hier nach Madrid geht; soll ich ggf. schon 2 Tage im voraus Hotels buchen; puh, hier ist ja echt nichts als Gegend; der Wind ist nicht gut; soll ich Pause machen; die Kollegen hatten gerade Monatsende; uii, jetzt wird es steil; usw.
Aus meiner Sicht ist das kein Nachdenken. Das ist die normale Hirnaktivität. Das Gehirn hat wenige Filter aktiviert und aus dem Unterbewusstsein oder durch externe Reize wird die Stimulation ins Bewusstsein gefeuert. Ich habe heute mal wieder versucht, das abzustellen. Das bin ich aber noch Novize. Es hat nicht geklappt. Aber es ist auch ok so.
Im Gegensatz dazu ist aus meiner Sicht 'bewusstes Nachdenken' ein strukturierter Prozess. Man nimmt sich ein Thema vor, in der Regel eine Problem oder eine fällige Entscheidung. Manchmal kommt das Thema immer und immer wieder hoch und will nicht verschwinden. Wenn man 'darüber nachdenken will, zerlegt man das Thema aus subjektiver Sicht in Vor- und Nachteile für sich selbst bzw. andere. Man sucht nach Risiken und Eventualitäten. Man erkennt ggf. offene Punkte oder fehlende Informationen. Dann versucht man per Abwägung zu einem Ergebnis zu kommen oder vertagt die Entscheidung, da man sich nicht zu einem Entschluss durchringen kann, offene Punkte hat oder nochmal mit jemanden Reden will.
Soviel zu meiner dünnen Theorie. Strukturiertes Nachdenken funktioniert aber so einfach nicht bei mir. Wenn ich über ein Problem Nachdenken will, geht es in meinem Kopf so richtig ab. Es überschlägt sich alles. Ich brauche die Langsamkeit eines Gesprächs oder des Schreibens, dass ich die Struktur sauber bekomme und jedes Element des Problems auch seine notwendige Zeit bekommt. Mit der Formulierung in Worte, ob gesprochen oder geschrieben, wird der Sachverhalt für mich klarer und eine Struktur erst richtig deutlich. Bleibt das "Nachdenken" rein im Kopf wird meist das Thema auch zu groß und umfangreich. Beim Reden oder Schreiben werde ich gezwungen das wirklich wesentliche auszudrücken und das macht es oft schon mal viel einfacher. Oder, es macht klar wo das eigentliche Problem ist.
Ich denke jeder hat damit seine eigenen Erfahrungen gemacht und weiß wie er am besten nachdenkt, bzw. zu einer Lösung kommt. Wobei das unter Druck insbesondere Zeitdruck wieder anders aussieht. Aber was Cortisol, das Hormon, dass bei Stress ausgeschüttet wird, für Nebenwirkungen hat, kommt mal in einem anderen Blog dran.
Was ist die Binsenweisheit daraus? Das Pilgern bzw. lange Soloreisen sind sehr gut, um den Kopf zu leeren. Sie sind nicht geeignet, um Nachzudenken. Zumindest für mich, wobei der Blog meine abendliche Reflektion ist und somit meine Erkenntnisse strukturiert. Aber einen freien Geist zu bekommen, um sich selbst und die Welt mal wieder mit klarem Kopf zu sehen, ist viel wert.
So, und morgen geht es weiter. Immer noch Gebirge und meine Erkältung ist in den letzten Stunden schlimmer geworden. Jetzt wird es also hart, aber für morgen habe ich schon gebucht und somit meine bisherige Freiheit durch mehr Sicherheit eingebüßt.
So, Tag 2 von Woche 4 ist um.
Buen Camino. Der Tag fing wieder mit Pilgern an. Nein, ich bin nicht von den Camino-Gehern besessen, aber der Tag ging wirklich so los. Ich habe nicht ganz überraschend weniger gut geschlafen. Der Körper arbeitet halt doch nachts nach einer größeren Belastung etwas mehr. Und schließlich hatte ich gestern, defensiv geschätzt, mehr als 110kg über 1250HM gewuchtet.
Ich war deutlich vor 7 Uhr aufgewacht, habe mich aber erst gegen 7 Uhr aus dem Bett gequält. Wie immer checke ich gleich mal das Wetter, erneuter Regen wäre das letzte was ich heute gebraucht hätte. Und was sehe ich als Erstes? Pilger. Zwei Pärchen ziehen mit schnellem Schritt morgens um 7 Uhr an meinem Fenster vorbei. Uiii, die haben lange Tage, oder die wollen früh ankommen. Und schon kommt das nächste Paar hinterher. Nach dem Öffnen der Tür meines französischen Balkons, kam auch schon der nächste Camino-Wanderer. Ok, da wollen wohl einige früh los. Ich wollte nur die Temperatur prüfen. Ersten war es kalt und zweitens noch ziemlich düster. Eine der Veränderungen, die ich heute noch feststellen sollte.
Nach Prüfung der Wetter App, die mir 11 frische Grad anzeigte, war ich etwas überrascht. Aber so fühlte es sich draußen auch an, war also stimmig. Zumindest wurde kein Regen gemeldet. Aussicht auf höhere Temperaturen, gab es aber auch nicht, gemäß App.
Richtig fit war ich nicht und das schniefen war auch noch da. Warmes Gewand war also heute angesagt. Nach einem ausgiebigen Frühstück habe ich mich entsprechend fertig gemacht und angezogen. Habe mich auch für Beinlinge (warme Radlerstrümpfe die fast bis zum Oberschenkelende gehen) entschieden.
Dann ging es gemütlich los. Raus aus Pamplona und zwei Kilometer entlang dem Camino. Unnötig zu erwähnen, dass ich da noch unzählige Pilger überholt habe. Nach 15min kam die erste Rampe und nach 40min und einer weiteren Rampe war klar, dass ich es zu gut gemeint hatte. Das hat den ersten Stopp und einmal um- bzw. ausziehen, veranlasst. Ich war etwas unsicher, wie meine Beine heute waren. Glücklicherweise ganz ok. Der erste längere Anstieg ging gut, der zweite hat mich gefordert. Aber bei bei mehr als 15% Steigung fehlt mir die Kraft. Und ich habe im Hinterkopf, dass erstens noch 65km folgen sollten und ich immer noch Kraftreserven für eine 30sec Hocke haben will. Der regelmäßige Leser weiß warum. Also habe ich mal kurz geschoben. So ca. 200m. Ich tippe der Anstieg war die letzen 100m mehr als 20%. Wenn ich Muse habe, versuche ich das Strava mal zu entlocken.
Danach kam dann der erhoffte lockere Teil. Nahezu 40km ging es ganz leicht bergab. Dann kamen nochmal zwei längere Anstiege und schon war ich da. 86km mit 750HM in brutto 6 Stunden, also inklusive Pausen, war eine Flotte Etappe. Ich muss gestehen, ich hatte heute einen Verbünden. Einen schönen Rückenwind. Und es ging auch 950HM bergab. Gut für heute, aber morgen muss ich auf über 1000m über Meereshöhe und da wäre eine 'höhere' Ausgangsposition schön gewesen. Egal, für heute tat es mir gut. Richtig fit bin ich nämlich nicht.
Mit Pamplona habe ich die Pyrenäen verlassen und die Landschaft wurde weit. Eine schöne Hochebene, mit weitem Blick. Und mit der Navarro Region kamen neben den Rasen- und Feldflächen auch Weinberge dazu. Das Klima ist auch komplett anderes als noch die Tage zuvor und wenn die Sonne nicht da ist, ist es empfindlich kühl. Ein richtiges Bergklima. Klare und frische Luft und trockener. Aber ab 13:30 Uhr gab es Sonne, die dann auch noch gut Kraft hat. Ich hoffe jetzt für die Tage auf Sonne satt und will mir nicht vorstellen, wie kalt es auf über 1000m ohne Sonne werden kann.
Spanien ist in dieser Gegend nicht so dicht besiedelt. Daher habe ich meine Strategie geändert. Anstatt mir am späten Nachmittag zu überlegen, wo ich stoppen und wo ich übernachten könnte, plane ich das nun im Voraus. Hier will ich abends um 17:00 Uhr keine Überraschung erleben. Das könnte empfindliche Konsequenzen haben.
Die Besiedlungsdichte und auch die eher geringere Attraktivität der Region macht sich auch in der Preisstruktur bemerkbar. An einer Raststätte habe ich 2,10 Euro für einen Kaffee und einen Kuchen bezahlt. Mein Hotel kostet für heute Nacht 30 Euro, ein Bier 2 Euro und 90% der Gerichte in der Bar, in der ich gerade sitze, kosten unter 10 Euro.
Jetzt hat es mich in eine andere Welt geschossen und nach knapp 1000km Urlaubsregionen, bin ich jetzt in einer weniger begünstigten Region. Ich sitze gerade in der Dorfkneipe und hier ist Primetime. Buchstäblich kommen seit 20:00 Uhr die Leute mit Kind und Kegel hier rein und sitzen zusammen. Und ich sitze mitten im Raum und bin der Alien. An Touristen sind die hier nicht gewöhnt.
Ich lasse den Tag jetzt mal so stehen, esse gleiche meinen zweiten Salata Mista und trinke mein drittes kleines dünnes spanische Bier (zwecks Kohlehydrate).
Den Blog beende ich heute mal ohne tiefgründige Gedanken respektive ohne allgemein bekannte Binsenweisheiten.
Morgen geht es weiter und das Hotel ist schon gebucht. Apropos, das Bild des Tages habe ich nach dem 20%ter geknipst.
So, Tag 1 von Woche 4 ist um.
Buen Camino, buen camino schreit man mir zu, als ich in Pamplona in die Altstadt hochfahre. Das ruft man den Pilgern zu und heißt eigentlich gute Reise. Ob die Reise heute so gut war, werde ich morgen früh wissen. Ich wollte eigentlich nie über 100km und nicht mehr als 1000HM am Tag fahren. Heute wurden es 72km mit 1250HM. Zumindest wurden es keine 100km und es hat nur die erste Stunde geregnet. Dafür war mir dann fünf Stunden lang kalt und ich hab nicht den richtigen Weg gefunden. Aber wie immer geht es von vorne los.
Ich bin früh aufgewacht und fühlte mich besser als gestern, was mir schon mal Auftrieb gab. Ich habe mit Bedacht gefrühstückt und meine Sachen gepackt. Die Kette wurde nochmal geölt und in alle Flaschen kam frisches Wasser. Ich wusste heute wird es mental und ggf. körperlich anstrengend. Die Frage war, wie gut sind meine Beine nach den letzten Wochen trainiert?
Konzentriert und fokussiert bin ich losgefahren. Langsam reinkommen und einen Kilometer nach dem anderen abradeln war die Strategie. Ab dem ersten Meter ging es bergauf, und nach 4km dachte ich, so kann es weitergehen. Der Anstieg ist moderat, es ist schön kühl, damit kann ich für heute gut leben. Dann fing es an zu regnen. Regenjacke und Helmschutz waren schnell drauf. Für die Gamaschen an den Schuhe, war ich zu faul. Was sich als Fehler rausstellen sollte, als ich sie drüber zog war es zu spät und bescherte mir den ganzen Tag kalte Füße.
Der Anstieg wurde dann auch steiler, aber meine Beine waren gut. Später konnte ich einen Weg, den Komoot für mich ausgesucht hatte, nicht finden. Ich bin einen Anstieg 10min umsonst hoch gefahren und obwohl sich Straße und Radweg auf meine Anzeige kreuzten, war der Weg nicht zu sehen. Ich entschied mich dann für eine Umkehr und die Straße. Der Vorteil waren guter Asphalt mit wenig Rollwiderstand und sehr wenig Verkehr. Der Nachteil war, dass der höchste Punkte 829m über NN war, statt der geplanten 680m. Runter ging es rasend schnell und schon waren meine geplante und meine Ausweichroute wieder vereint. Der große Heckmeck war vorbei, jetzt ging es noch 35km mit verteilten 300HM nach Pamplona. Die gute Message, die Beine haben erstmal mitgemacht und ich war nirgends kurz vorm Kollaps, um dieses schwere Rad inkl. Gepäck bergauf zu bewegen.
Mehr zugesetzt hat mir Kälte und Regen. Ich bin nicht wie befürchtet bei 35 Grad bergauf gestrampelt, sondern bei Regen und 15 Grad. Da hilft auch kein guter Windbreaker, wenn es mit mehr als 50km/h wieder bergab geht.
Ich habe zweimal unterwegs die Hemden gewechselt und vorhin warm geduscht (die Klamotten gleich wieder mit). Mal sehen wie es wird.
In Leitza habe ich einen schnellen Espresso getrunken und ein Schokoteilchen gegessen, damit ich mal aufs Klo kann. Beim Wegfahren hat mich ein Mann angesprochen. Antonio, ich tippe ihm mal auf 50, hat gefragt wo ich hinfahre. Als er verstand wo ich hinwill, hat er mich zu sich nach Hause eingeladen. Von Pamplona seien es noch 100km und er und seine Frau würden mich am Wochenende beherbergen. Hm , denke mal, dass mache ich nicht. Aber nett war es trotzdem.
Tja, und zurück zu Pamplona. Vorab, für die, die es nicht wissen, dass ist eine Pilgerhochburg. Hier gibt es Pilger über Pilger und alles was die brauchen. Ich habe Geschäfte mit Muschel und Sonne gesehen, also Geschäfte, die nur auf diese Zielgruppe fokussiert sind. Die Stadt lebt davon. Für mich ist das irgendwie immer noch neu. Hab ja schon ein paar Mal darüber geschrieben und mir auch Hape Kerkelings Erfahrungen rein gezogen. Aber, dass das so "groß" ist, wusste ich nicht. Hmm, da kann sich die Welt digitalisieren und mit rasanter Geschwindigkeit ändern, aber der Weg nach Santiago de Compostela ist höher frequentiert als im Mittelalter.
Irgendwie auch nachvollziehbar. Ich bin ja auch aus gutem Grund auf meiner eigenen Reise unterwegs. Und das viele das Bedürfnis haben, gerade weil die Welt so schnelllebig ist, sich zu entschleunigen, ist für mich nachvollziehbar. Wie ich es bei mir selbst feststelle, funktioniert das Konzept auch. Wenn ich jetzt mal nach vorne schaue und mich mit einer Prognose versuche - und ich weiß Prognosen sind immer schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen - würde ich sagen, dass Sabbaticals oder ähnliche Konstrukte mehr in Anspruch genommen werden. Ich würde sogar sagen, dass Unternehmen mehr proaktiv ausgerichtete Programme anbieten, die eine Entschleunigung auf regelmäßiger Basis anbieten. Ebenso werden mehr Konzepte kommen, wie jeder seine Selbstbestimmung und mehr Flexibilität in seinen Berufsalltag einbauen kann. Die Generation Y ist schon am Markt, die Generation z kommt bald, der 'war for talent' hat begonnen. Wer also die Anforderungen dieser Generationen am besten versteht und adressiert, der setzt sich durch. Weil eins ist klar: Mitarbeiter einfach nur verheizen, wird nicht mehr gehen. Die neuen Generationen haben andere Ansprüche.
So, jetzt geht es gleich müde ins Bett. Mal sehen wo es morgen hingeht und wie es mir überhaupt geht.
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Sabine Wohlgemuth (Donnerstag, 31 August 2017 22:37)
Hallo Dirk habe die Tage von deinem Vorhaben erfahren und muss sagen Respekt. Ich wünsche dir eine tolle Zeit und komm gesund wieder. Ich werde deinen Blog mit Spannung verfolgen. Lg Sabine
Dirk Charbonnier (Sonntag, 03 September 2017 11:38)
Hi Dirk,
das ist eine "Great Story"! Macht richtig Spaß, bei Dir hier mitzulesen; Zumal ich selbst so gern auf dem Rad sitze und wir (allerdings mit Wohmobil im "Warmduscher-Mode") im April/Mai in der Pyrenäen/Pamplona Ecke in Urlaub waren. Klasse, dass Du Dich auf diesen Weg gemacht hast. Das nenne ich mal eine gute Roadmap!
Viel Spaß weiterhin, immer einen Müsliriegel in der Rückentasche und kein Bedarf an Materialwagen o.ä...
Ich bleib (virtuell) dran...
Dirk
P.S. Die Zahl Deiner Blogleser steigt bestimmt wie Deine Höhenmesseranzeige. Bei Deinen Überlegungen bzgl. Joboptions kannst Du den des "Tourenbloggers" getrost hinzufügen!
Torsten Rapp (Montag, 04 September 2017 11:34)
Spannende Geschichten und tolle Bilder... wir sind dabei !
Dominic (Montag, 04 September 2017 15:27)
Hi Dirk, musste schmunzeln... hat mich an den Film hier erinnert....
http://www.desaster-film.de
Alles lief nach Plan. Aber der Plan war kacke...
:-)
Der Justus (Donnerstag, 07 September 2017 11:52)
Moin Dirk,
hast Du uns eigentlich Deine Pannen verschwiegen oder bist Du wirklich 1800km gefahren, ohne einen einzigen Platten und lediglich mit zwei (wenn ich mich recht erinnere), zugegeben nicht ganz unspektakulären Umwegen? Falls ja, dann ist das vielleicht auch mal eine Deiner Denkpausen wert zu überlegen (wert zu schätzen), dass Du so unbeschadet (auch ohne Unfälle) so weit gekommen bist. Bitte das jetzt nicht in die esoterische oder religiöse Ecke Stellen (!!!!!), aber ein Felgen-, Rahmen oder Knochenbruch hätte Dir die Tour vermasseln können ( ... aber ich will es nicht beschreien :-P ).
Das zweite was mich wundert, ist, dass Du nach 4 Wochen noch schreibst: "Danach folgen nochmal 6 Wochen und die muss ich auch noch bewältigen." ... Warum steht da eigentlich "muss" ;-.) ?
Und drittens: Mein Respekt und meine Glückwünsche für diese erste 1800km lange Etappe/Erfahrung!
Servus
Der Justus
Wolfgang (Donnerstag, 07 September 2017 15:35)
Hallo Dirk. Mit Spannung,Respekt und Bewunderung lese ich deine Reiseberichte. Bei Meiner Reise zum Nordkap und die Einsamkeit des Polarmeeres,Jugendtraum,hatte ich auch die Zeit,in meinem Kopf aufzuräumen und Entscheidungen zu treffen durch es die mir dann Besser ging. Bewundere auch deinen Mut es bis zum Ende durchzuziehen. Komme gesund von deiner Reise zurück. Wolfgang